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„Radweg ist richtig schön geworden“

Die Förderung des Baus von Radwegen gehört für einen Grünen Verkehrsminister zum täglich Brot. Deren dienstliche Erkundung dürfte jedoch eher die Ausnahme bleiben.

 

HARDHEIM/RIEDERN. Jahrelang hatten die Gemeinde Hardheim und die Interessengemeinschaft (IG) "Mühlenradweg Erftal" unermüdlich bei Winfried Hermann und dessen Ministerialverwaltung die Werbetrommel für den Ausbau des Erftalradwegs gerührt. Nachdem der langgehegte Wunsch nun seit einigen Wochen Wirklichkeit ist, nutzte der baden-württembergische Verkehrsminister seine Sommertour, um in Hardheim Station zu machen und selbst auf dem neuen Radweg in die Pedale zu treten.
Begleitet von Landrat Dr. Achim Brötel, Bürgermeister Volker Rohm sowie zahlreichen Vertretern der Kreis-Grünen und der IG schwang sich Hermann auf dem Schlossplatz in den Sattel und erkundete den für insgesamt 650 000 Euro ausgebauten Abschnitt zwischen Lindenmühle und Landesgrenze.


Schlagbaum überwunden
Für den anschließenden "Grenzübertritt" ins Bayerische hatte sich der für seine humorige Ader bekannte Bürgermeister von Eichenbühl, Günther Winkler, etwas Besonderes einfallen und kurzerhand einen blau-weißen Schlagbaum errichten lassen. Dieser stellte jedoch kein ernsthaftes Hindernis dar, wurde von Minister und Bürgermeister gemeinsam angehoben und lag schnell hinter der Radgruppe.
Nach gut 45 Minuten Fahrt in Riedern angekommen, schwärmte Hermann von einem "wunderschönen Weg", der hervorragend in die Landschaft eingepasst worden sei. Während die Ausgestaltung des Radwegs in wassergebundener Bauweise, also als Schotterweg, gelegentlich kritisiert wird, wertete Hermann dieses vermeintliche Manko gar als Pluspunkt, weil naturnah gestaltet. "Wir sollten beim Radverkehr nicht die gleichen Fehler machen wie mit der Straße", so der Minister. Eine durchgehend asphaltierte Strecke wie auf bayerischer Seite halte er deshalb - nicht zuletzt aufgrund erheblicher Mehrkosten - für verzichtbar.
Im Gegensatz zu Landrat Dr. Achim Brötel, der der Sicherheit wegen noch Nachbesserungsbedarf an der einen oder anderen Stelle sah. Insgesamt überwiege aber auch bei ihm eindeutig die Freude, dass der Ausbau "nach so langer Zeit geschafft" sei. Nun komme es darauf an, dass der Radweg auch angenommen werde. Und zwar nicht nur von Hardheim aus ins Maintal, sondern auch umgekehrt.
Minister und Landrat waren sich schließlich einig, dass das Projekt nicht zuletzt durch das große Engagement der IG maßgeblich vorangetrieben worden sei. Ergänzend dazu habe die bayerische Seite ihrerseits Fakten geschaffen und den Ausbau bis zur Landesgrenze realisiert. In Kombination mit dem Landesförderprogramm für den Radwegebau aus Stuttgart sei dies ein weiterer wichtiger Faktor für die Umsetzung des Projekts auf badischer Seite gewesen.
"Ohne das Engagement der IG wäre es nicht so schnell gegangen", räumte der Verkehrsminister unumwunden ein. Denn angesichts zahlreicher weiterer notwendiger Lückenschlüsse im Radwegenetz habe man angesichts begrenzter finanzieller Mittel Prioritäten setzen müssen. Dafür sei der Erftalradweg nun "richtig schön geworden".
Vor der Radtour hatte Bürgermeister Volker Rohm den Ministerbesuch genutzt, um im Beisein zahlreicher Vertreter der Kreis-Grünen für die Zukunft Hardheims wichtige Verkehrs- und Infrastrukturthemen anzusprechen. Etwa eine bessere Anbindung der Erftalgemeinde an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder die Belastung durch den seit der Mauteinführung noch einmal stark angewachsenen Durchgangsverkehr. "Hardheim hängt komplett an der Straße", beschrieb der Rathauschef die derzeitige Situation und bat den Minister, sich wohlwollend für die Realisierung einer Ortsumgehung einzusetzen.
Obwohl Hermann bei seiner Tour nach eigenem Bekunden viel lieber über Radwege und weniger über Straßen gesprochen hätte, nahm er den Ball auf und verwies auf die Sanierungsoffensive der Landesregierung. Statt in den Neubau seien erhebliche Gelder in die Instandsetzung von Straßen geflossen. Davon habe auch Hardheim stark profitiert. Als Beispiele nannte Hermann die Sanierung der Ortsdurchfahrten von Hardheim und Bretzingen sowie den erst kürzlich erneuerten Fahrbahnbelag der B 27 zwischen Hardheim und Höpfingen.
Da Hardheim nicht mehr an den Schienenverkehr angebunden sei, gelte es zudem, beim Busverkehr verlässliche Angebote zu schaffen, so Hermann. Beispielsweise müsse der bislang auf die Schüler ausgerichtete Busverkehr, aufgrund sinkender Schülerzahlen neu strukturiert werden. "Weniger Schüler bedeuten sonst weniger ÖPNV", so der Minister. Im Bestreben um ein stündliches Angebot seien in diesem Bereich auch die Landkreise gefordert.
Ehe sich der Minister mit seiner Abordnung und den Vertretern der IG auf den Weg nach Riedern machte, trug er sich in das Goldene Buch der Gemeinde ein und dokumentierte damit auch offiziell seinen ersten Besuch in Hardheim.
Begonnen hatte Hermann den zweiten Tag seiner Sommertour am Morgen in Neckarelz mit einer Diskussion zur Stadtbahn Nord, ehe er sich in Seckach über die Bahnhofssanierung informieren ließ.

Auf seiner Sommertour erkundete Verkehrsminister Winfried Hermann (Zweiter von links) am Dienstag den Erftalradweg zwischen Hardheim und Riedern. Begleitet wurde er von Landrat Dr. Achim Brötel (links), Bürgermeister Volker Rohm (verdeckt, Zweiter von rechts) sowie einer Delegation der Kreis-Grünen.

© Scherer

 

© Fränkische Nachrichten, Mittwoch, 26.08.2015